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Umsatzsteuerliche Fallstricke beim Versandhandel in der EU
Das Internet ermöglicht österreichischen Unternehmen ungeahnte Möglichkeiten in der Erschließung neuer Märkte in anderen Mitgliedstaaten der EU. Dabei sind allerdings umsatzsteuerliche Besonderheiten beim Verkauf von Waren an bestimmte Erwerber (z.B. Private oder Unternehmer, die den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwerben) zu beachten, wenn die Waren versendet werden.
Grundregel
Grundsätzlich sind Verkäufe von Waren an Privatpersonen an dem Ort steuerbar, an dem die physische Warenbewegung startet. D.h. bei einem Verkauf aus Österreich (z.B. Lager in Österreich) unterliegen Lieferungen (ausgenommen neue Kraftfahrzeuge und verbrauchsteuerpflichtige Waren) an Privatpersonen der österreichischen Umsatzsteuer.
Beispiel: Unternehmer AT1 verkauft Waren (ausgenommen Kraftfahrzeuge und verbrauchsteuerpflichtige Waren) an einen privaten Kunden in Italien. Die Waren werden direkt von Graz nach Venedig transportiert, die Rechnung wird direkt an den Kunden gelegt. Der Verkauf an einen Nichtunternehmer unterliegt in diesem Fall daher der österreichischen Umsatzsteuer.
Versandhandelsregelung
Besondere Vorsicht ist immer dann geboten, wenn Verkäufe an gewisse Abnehmer im EU-Ausland „in größerem Umfang“ erfolgen. Dann ändert sich die umsatzsteuerliche Beurteilung und die Verkäufe unterliegen nicht mehr der österreichischen Umsatzsteuer, sondern der Umsatzsteuer des Landes, in dem die Warenbewegung endet. Diese Änderung wird als Versandhandelsregelung bezeichnet. Sinn dieser Regelung ist es, eine umsatzsteuerliche Wettbewerbsverzerrung zu verhindern, indem ab Umsätzen von größerem Umfang der Umsatzsteuersatz des Bestimmungslandes zur Anwendung kommt.
Bei folgenden Abnehmern kommt die Versandhandelsregelung grundsätzlich zur Anwendung:
- Private,
- Unternehmer, die den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwerben,
- Schwellenerwerber, die auf die Anwendung der Erwerbsschwelle nicht verzichtet haben,
- pauschalierte Landwirte,
- juristische Personen, die nicht Unternehmer sind oder die den Gegenstand nicht für ihr Unternehmen erwerben.
Der „größere Umfang“, ab dem sich die umsatzsteuerliche Beurteilung ändert, ist die sogenannte Lieferschwelle, welche von jedem Mitgliedstaat der EU individuell zwischen 35.000 € und 100.000 € festgelegt werden kann. Die Lieferschwelle ist dabei für jeden Mitgliedstaat separat zu beachten.
Beispiel: Unternehmer AT2 verkauft Waren (ausgenommen Kraftfahrzeuge und verbrauchsteuerpflichtige Waren) an einen privaten Kunden in Frankreich und an einen privaten Kunden in Spanien. Im Jahr 2017 wurde die Lieferschwelle in Frankreich i.H.v. 35.000 € überschritten, die Lieferschwelle in Spanien wurde nicht überschritten. Die Waren werden direkt von Linz nach Frankreich bzw. nach Spanien transportiert, die Rechnung wird direkt an den Kunden gelegt. Der Verkauf an einen französischen Nichtunternehmer unterliegt in diesem Fall daher der französischen Umsatzsteuer während der Verkauf an einen spanischen Nichtunternehmer mangels Überschreiten der Lieferschwelle in Spanien weiterhin der österreichischen Umsatzsteuer unterliegt.
Konsequenzen
Werden Lieferungen in ein EU-Mitgliedsland getätigt und wird dabei die Lieferschwelle überschritten, so ist ab Überschreiten der Lieferschwelle das Umsatzsteuerrecht des jeweiligen Landes und nicht mehr österreichisches Umsatzsteuerrecht anzuwenden. Eine umsatzsteuerliche Registrierung in jenem Land ist dann in der Regel erforderlich. Häufig wird jedoch das Überschreiten dieser Lieferschwelle übersehen, was zu (negativen) umsatzsteuerlichen Konsequenzen in diesem Land führen kann. In Abhängigkeit des Landes und des Betrages der nicht entrichteten ausländischen Umsatzsteuer können Strafen von bis zu 200% der nicht entrichteten Umsatzsteuer anfallen. Es empfiehlt sich daher, bei Verkäufen an die genannten Abnehmer auch das Zielland mitzuerheben – sei es durch eigene Umsatzkonten oder durch ein zusätzliches Eingabefeld, damit eine Auswertung möglichst einfach erfolgen kann.
Steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten
Auf die Anwendung der Lieferschwelle kann ein Unternehmer auch freiwillig verzichten. Das ist insbesondere in jenen Fällen vorteilhaft, in denen der Umsatzsteuersatz des anderen Landes niedriger ist als der Umsatzsteuersatz in Österreich. In diesem Fall kann z.B. bei Lieferungen an Privatpersonen in Deutschland 19% deutsche Umsatzsteuer verrechnet werden, anstatt mit 20% österreichischer Umsatzsteuer abzurechnen. Das kann bei gleichbleibendem Umsatzerlös des Unternehmers ein Vorteil für den Privatkunden sein, da er Waren günstiger einkaufen kann. Ebenso würde dem Unternehmer bei gleichbleibendem Bruttopreis ein höherer Nettoerlös verbleiben.
Aktuelle Schwellenwerte in Europa
Die EU-Kommission hat eine Übersicht veröffentlicht, in der die derzeit (Stand März 2017) gültigen Lieferschwellen je Land angegeben sind.
Land | Lieferschwelle in lokaler Währung | Umgerechnet in EUR (Euroäquivalente i.H.d. von der Europäischen Zentralbank am 17.3.2016 veröffentlichten Euro-Umrechnungskurse) |
Belgien | EUR 35.000 |
|
Bulgarien | BGN 70.000 | 35.791 |
Dänemark | DKK 280.000 | 37.557 |
Deutschland | EUR 100.000 |
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Estland | EUR 35.000 |
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Finnland | EUR 35.000 |
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Frankreich | EUR 35.000 |
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Griechenland | EUR 35.000 |
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Irland | EUR 35.000 |
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Italien | EUR 35.000 |
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Kroatien | HRK 270.000 | 38.831 |
Lettland (Latvia) | EUR 35.000 |
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Litauen | EUR 35.000 |
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Luxemburg | EUR 100.000 |
|
Malta | EUR 35.000 |
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Niederlande | EUR 100.000 |
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Polen | PLN 160.000 | 37.300 |
Portugal | EUR 35.000 |
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Rumänien | RON 118.000 | 26.353 |
Schweden | SEK 320.000 | 34.433 |
Slovenien | EUR 35.000 |
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Slowakei | EUR 35.000 |
|
Spanien | EUR 35.000 |
|
Tschechische Republik | CZK 1.140.000 | 42.153 |
Ungarn | EUR 35.000 |
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Vereinigtes Königreich | GBP 70.000 | 89.493 |
Zypern | EUR 35.000 |
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Bild: © John Hurst - Fotolia
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